Bericht von der Deep-Sky-Tagung 2000

Achim Schaller, Ulrich Schüly, Wolfgang Steinicke

 

Die Deep-Sky-Tagung auf dem Eisenberg/Nordhessen zeichnete sich in diesem zweiten Jahr ihres Bestehens wieder durch eine außerordentliche Vielfalt an Vorträgen und Workshops aus. Das Angebot reichte von einer Einführung in die Anwendung des Computers bei der Planung, Durchführung und Auswertung von DS-Beobachtungen, über Beobachtungen im visuellen Grenzbereich bis zur CCD-Astrofotografie unter Stadtbedingungen. So kamen sowohl die Deep-Sky-Anfänger als auch die Spezialisten auf ihre Kosten. Dazwischen boten Beiträge, wie Sky-Sightseeing in Namibia und Aktivitäten der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Gornergrat erholsame Ausflüge fürīs Auge. Um einen Eindruck von dieser sehr erfolgreichen Tagung zu vermitteln, berichten wir im folgenden über die Bereiche "Visuelle Deep-Sky Beobachtung" und "CCD-Astrofotografie".

Die Organisation der DST2000 lag wieder in den bewährten Händen der Fachgruppe "Visuelle Deep-Sky Beobachtung" der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS). Eingeladen waren nicht nur die "Visuellen", sondern auch die CCDler. Gerade dieses Joint-Venture hat in den letzten Jahren zu bemerkenswerten Ergebnissen geführt. Die FG Deep-Sky ist offen für alle - man muß also kein VdS-Mitglied sein. Sie bildet eine lockere Interessengemeinschaft und keinen Verein. Trotzdem braucht auch eine solche Gruppe eine Struktur, um effizient arbeiten zu können. Man benötigt Leute, die Fragen beantworten, Projekte ins Leben rufen und betreuen, Informationen verbreiten (Newsletter, Publikationen), die gesamte Teamarbeit koordinieren und schließlich den Kontakt zur VdS, insbesondere zum neu gestalteten VdS-Journal, pflegen. Neben der Vorstellung aktueller Projekte (z.B. "Quasare visuell", "Galaxiengruppen", "Deep-Sky Buch") gab es auf der DST2000 auch eine Fachgruppensitzung mit erstaunlich großem Andrang. Es gab einiges zu diskutieren, insbesondere über interne Kontaktmöglichkeiten, Motivation, Erfahrungsaustausch, Präsentation und Publikationen. Durch gute Vorbereitung ist es gelungen, das Team der neuen (und sehr erfolgreichen) Zeitschrift Magellan enger an die FG anzubinden, zu beiderseitigem Nutzen. Es ging bei der Sitzung auch um die neue Struktur der FG und damit um Personelles. Ein neues Team mit einer klar definierten Aufgabenverteilung wurde vorgestellt und akzeptiert. Neuer Fachgruppenleiter ist unser Mitglied Wolfgang Steinicke. Er ist in dieser Funktion gegenüber der VdS verantwortlich, denn von dort gibt es finanzielle Unterstützung,. Außerdem betreut er die (recht große) Rubrik "Deep-Sky" im VdS-Journal. Die nächste Ausgabe dieser Zeitschrift für VdS-Mitglieder erscheint übrigens Ende Juni und wird ein Hit! Aufgabe der neuen Fachgruppenstruktur und insbesondere deren Funktionsträger ist es, die Kommunikation zwischen Deep-Sky-Begeisterten mit unterschiedlichsten Interessen und Erfahrungen zu fördern. Im Hinblick auf dieses Ziel war auf dem Eisenberg innerhalb der FG eine Aufbruchstimmung deutlich spürbar.

Nun zu einigen besonders interessanten Vorträgen. Rainer Töpler sprach in seinem Vortrag über Deep-Sky in Auriga besonders die Einsteiger an. Er zeigte einige seiner hervorragenden Zeichnungen, die durch ihren ästhetischen Reiz bestachen und den Vergleich mit ausgezeichneten CCD- oder konventionellen Aufnahmen nicht zu scheuen brauchen. Ebenfalls eher an den Einsteiger richtete sich der Vortrag "What do you want to see today?" von Joachim Engel, der sich mit der computerunterstützten Planung und Vorbereitung von DS-Beobachtungen beschäftigte. Gerade der Einsteiger, der vom "Spazierensehen" zu gezielteren Beobachtungsprojekten strebt, konnte hier nützliche Anregungen erhalten. Highlight des Samstagabends war der Vortrag des neuen Fachgruppenleiters Wolfgang Steinicke, der über sein uns wohlbekanntes NGC/IC Projekt berichtete. An den erfahrenen Beobachter richtete sich der Vortrag von Jens Bohle "The Ultimate Challenge - Grenzen der visuellen Beobachtung mit Amateurteleskopen". Er präsentierte Beobachtungsobjekte, die an der Grenze der visuellen Beobachtung mit Amateurteleskopen liegen und durchaus auch reizvolle Objekte für den CCDler oder Fotografen darstellen. Solche Objekte liegen zwar oft ausserhalb der Reichweite der meisten Amateurastronomen mit kleineren Teleskopen, jedoch waren Vorträge wie dieser oder auch der Workshop über Galaxiengruppen (von Ronald Stoyan, Andreas Domenico, Wolfgang Steinicke) für alle äußerst interessant. Leicht ließ man sich vom Enthusiasmus und der Begeisterung der Vortragenden für exotische Beobachtungsobjekte wie z.B. die Shakhbazian-Galaxiengruppen anstecken und bedauerte zutiefst, daß wetterbedingt keine Beobachtungsmöglichkeit bestand.

CCD-Astrofotografie zog sich wie ein roter Faden durch die Deep-Sky-Tagung. Bei vielen Vorträgen dienten die CCD-Bilder als Referenz, wenn das Objekt auch nicht immer so mit dem Auge am Teleskop zu sehen ist. Schwerpunktvortrag für den praktischen CCD-Anwender war allerdings die von Norbert Stapper und Gido Weselowski vorgestellte Astrofotografie unter Stadtbedingungen. Norbert wohnt zwar in einem der nachts dunkleren Gebiete zwischen Essen und Duisburg, doch ist in seiner Garagen-Sternwarte zu Hause wegen einer extrem beleuchteten petrochemischen Fabrik in der näheren Umgebung ein Himmel mit visueller Grenzgröße 4,5 mag schon gut. Die Helligkeit der Fabrik kann mit der von Gewitterblitzen konkurrieren, wie ein Foto von Norberts Sternwarte aus eindrucksvoll zeigte. Gido hat es fast noch schlimmer getroffen, was die Helligkeit des Nachthimmels betrifft. Er wohnt in der unmittelbaren Nachbarschaft des Flughafens Köln. Damit kommt er bei der CCD-Astrofotografie vom heimischen Balkon in jedem Fall ohne Taschenlampe aus. Dennoch fotografieren beide mit ihren ST-7 Kameras erfolgreich sehr schwache Nebel, wie den Supernova-Überrest Cas A oder Sharpless 187, ebenfalls in der Cassiopeia gelegen. Der Reiz liegt bei solchen Aufnahmen nicht in möglichst schönen Himmelsbildern, sondern darin, auch das "letzte Photonen" schwacher Himmelsstrukturen auf den Chip zu bannen. Als noch machbare Grenzhelligkeit bei Sternen für CCD aus der Stadt wird 24mag angesehen, ein extremer Wert, wenn man bedenkt, dass mit einem C8 unter gutem Himmel die visuelle Grenszgrösse bei etwa 14mag liegt. Dennoch verwenden beide keine sehr großen Instrumente. Gido hat einen 10-Zoll Parks Newton bei N=4,6. Norbert verfügt nun über ein C11, hat aber lange ein C8 eingesetzt und kam auch damit zu erstaunlichen Ergebnissen.

Ein wichtiger Tipp für hoch aufgelöste CCD-Aufnahmen: IR-Sperrfilter verwenden. Infrarotstrahlen werden beim Durchtritt durch Glasflächen aufgrund ihrer größeren Wellenlänge unter einem anderen Winkel gebrochen als sichtbares Licht. Visuell spielt das keine Rolle, aber CCD-Chips sind auch im Infrarot empfindlich. Sterne bekommen so auf CCD-Aufnahmen einen diffusen Lichthof aus infrarotem Licht, wenn sich ein optisch brechendes Medium im Strahlengang befindet. Dieses Medium kann die Schmidt-Platte eines Schmidt-Cassegrain-Teleskops sein oder der Komakorrektor eines Newtons. Gido zeigte aber, dass der Effekt auch mit einem Newton ohne alle brechenden Glasflächen auftritt. Offensichtlich reicht schon das Glasscheibchen vor dem Chip in der CCD-Kamera. Damit ist der IR-Sperrfilter für jede Aufnahme mit jedem Instrument erforderlich, wenn die Auflösung maximal sein soll. Für mich (U.S.) als CCD-Anfänger hat sich schon wegen dieser einen Information die ganze Tagung gelohnt. Darüber hinaus gab es aber noch jede Menge Wissenswertes zu erfahren. Aber nicht nur die Vorträge machen die Deep-Sky-Tagung zu einem Highlight im Astro-Jahr. Ebenso wertvoll sind Gespräch und Erfahrungsaustausch mit anderen Amateurastronomen. Von einigen hatte man über Mailinglisten zum Teil schon seit Jahren immer wieder etwas gehört, aber bisher war noch keine Gelegenheit, sie persönlich kennenzulernen. Wir verließen die Deep-Sky-Tagung erfüllt von vielen wertvollen Informationen und Eindrücken, die noch lange nachwirken. Ein Erlebnis, das nächstes Jahr hoffentlich wieder stattfinden wird.