Katalog heller Quasare und

BL Lacertae Objekte



Wolfgang Steinicke

 



PHL 658 = KHQ 1
UM 186 = KHQ 222


 

Umkirch 1998


Vorwort zur neuesten Auflage

Seit der letzten Auflage des Katalog heller Quasare und BL Lacertae Objekte sind nunmehr 14 Jahre vergangen (der KHQ von 1984 wird in den folgenden Abschnitten 1 bis 3 beschrieben). Die Zahl der bekannten quasistellaren Objekte ist seither deutlich gestiegen. Auch die Definitionen (z.B. über die absolute Helligkeit) haben sich verändert, so wurden einige KHQ-Objekte neu klassifiziert, z.B. als "Active Galactic Nuclei" (AGN) oder Seyfert 1-Galaxien. Interessant ist auch, daß BL Lac mittlerweile als Quasar angesehen wird.

Trotzdem kann der "alte" KHQ nicht als überholt gelten, denn gerade in jüngster Zeit ist das Interesse von Amateuren an der visuellen Beobachtung und der CCD-Aufnahme von Quasaren - auch bedingt durch größere Instrumente und bessere Software - spürbar gewachsen, so daß der Katalog bei der Auswahl und Suche der Objekte immer noch äußerst hilfreich ist, zumal es meines Wissens nichts vergleichbares gibt.

Für die neueste Auflage habe ich daher lediglich 23 fehlende Aufsuchekarten ergänzt und einige Fehler korrigiert, ansonsten wurde das Layout beibehalten. Ein neuer, aktueller Katalog ist aber bereits in Arbeit - ein Ausdruck der zugehörige Quasar-Liste findet sich im Anhang. Der neue Katalog enthält den KHQ und gibt zusätzlich weitere Identifikationen für insgesamt 454 quasistellare Objekte (nördlich -20° Deklination, heller als 16.5m). Es ist anhand der großen Zahl neuer Quasare offensichtlich, daß eine neue, auch grafisch verbesserte Version eine Menge Arbeit macht - trotz Computer.

Katalog heller Quasare und BL Lacertae-Objekte (ASCII-Daten)

Erläuterung zum Thema "Entfernung" (pdf).


1. Allgemeine Einführung

Der Frage "Wie weit kann man mit diesem Teleskop sehen" hat man schon oft gegenübergestanden. Man erklärt dann, daß es wenig Sinn hat, auf diese Weise etwas über die Leistungsfähigkeit des Gerätes zu erfahren. Da man Entfernungen im astronomischen Bereich nicht primär "sehen" kann, sind es natürlich andere Kriterien, die die Qualität eines Fernrohrs bestimmen, wie etwa Lichtstärke und Auflösungsvermögen. Daher beeindrucken den Anfänger auch weniger die entfernten Objekte, als vielmehr Mond und Planeten. Geht man in der Entfernungsskala weiter, so fällt der optische Eindruck nach einem gewissen Maximum bei Gasnebeln (Orionnebel), Kugelsternhaufen (M 13) und nahen Galaxien (Andromedanebel) rasch ab. Weiter entfernte Galaxien (z.B. aus dem Virgo- oder Coma-Haufen) bieten visuell nur bei größerer Öffnung ein vergleichbares Bild - abgesehen von aller, durch Photos entstandenen Verwöhnung! Weit entfernte Galaxien sind nur kleine, schwache Lichtflecken, die - vor allem dem astronomischen Anfänger kaum etwas bieten, wenn er sie überhaupt wahrnimmt!

Wer aber alle Standardobjekte "durchgesehen" hat, dem bieten gerade schwache Galaxien, Galaxiengruppen und -haufen ein mit abnehmender Helligkeit enorm anwachsendes Beobachtungspotential. Die Vorstellung, dabei immer weiter in den Kosmos vorzudringen, läßt schnell den fehlenden "optischen Glanz" des Objekts zur Nebensächlichkeit werden.

Aus dieser Vorstellung heraus entstand der Katalog der Galaxiengruppen (KDG), in dem Galaxienpaare, -gruppen und -haufen am Nordhimmel bis zu einer Grenzhelligkeit von 14,0m verzeichnet sind. Ein geeignetes Beobachtungsgerät läßt, bei ausreichender Lichtstärke und Brennweite (z.B. ein 14" Schmidt-Cassegrain) schnell den visuellen Reiz dieser Galaxienkonzentrationen deutlich werden: Die auf engem Raum präsente Vielfalt der Formen, Typen und Orientierungen und eben das Bewußtsein von "Entfernung" ist beeindruckend. Dazu braucht man allerdings eine, mit der "Exotik" der Objekte wachsende Beobachtungspraxis.

Verfolgt man diese Linie weiter, so gibt es nur eine Krönung: die Quasare! Was meine eigene Erfahrung betrifft, so führte der Weg - mehr durch Zufall - von den Doppelgalaxien zu den Quasaren. Bei der Auswertung der Beobachtung der Galaxiengruppe NGC 4291 / N4GC 4319 im Draco (Nr. 126 im KDG) erfuhr ich aus dem Second Reference Catalogue of Bright Galaxies von G. deVaucouleurs, daß die ansonsten normale Galaxie NGC 4319 einen ungewöhnliche "Begleiter" hat, den Quasar Mrk 205, der sich nur 42" südlich der Galaxie befindet. Das immerhin 14,5m helle Objekt sollte ohne Probleme zu sehen sein. Im Übrigen ist NGC 4319 / Mrk 205 das Standardbeispiel eines Galaxie-Quasar-Paares. Umstritten ist allerdings, ob es sich um eine zufällige Konstellation, oder um eine physikalische Assoziation handelt. Gegen letzteres spricht der große Unterschied der Rotverschiebungen zwischen Galaxie und dem Quasar Mrk 205 (Nr. 109 in diesem Katalog), der nach kosmologischer Interpretation einen großen Entfernungsunterschied bedeutet.

Eine weitere Beobachtung bestätigte die Erwartungen: Mrk 205 war deutlich zu sehen! Damit war ein großer Sprung in der Entfernung getan: Der Quasar ist mit etwa 270 Mpc mehr als dreimal so weit entfernt wie der Comahaufen, der entferntesten Galaxienkonzentration aus dem KDG.

Gibt es noch mehr beobachtbare Quasare? Natürlich, aber es ist klar, daß es sich dabei generell um schwache Objekte handelt. Die hellsten Quasare sind von der 13. Größe (z.B. 3C 273 in der Virgo), wobei es allerdings aufgrund von Variabilität zu deutlichen Steigerungen kommen kann (siehe Nr. 169). Die Überwachung der Quasare und der verwandten BL Lacertae Objekte ist daher von einigem Interesse. Sie kann von den astronomischen Instituten aber nur in einzelnen Fällen und vergleichsweise kurzen Zeiträumen durchgeführt werden. Viele Objekte bleiben über längere Zeit unbeobachtet. Da bislang keine einheitliche Vorstellung über die Natur dieser Objekte besteht, sind weitere Beobachtungsdaten besonders wichtig. Der durch die Quasare gegebene Blick in die Tiefe (und damit die Vergangenheit) des Kosmos besitzt aber eine eigene - von jeder wissenschaftlichen Sicht unabhängige - Faszination.

Zurück zu unserer Frage: Die Anzahl der beobachtbaren Objekte hängt nur von der Grenzgröße ab. Die eigene Erfahrung zeigte, daß die Grenze bei etwa 16. Größe (oder sogar noch darunter) liegt. Daraus resultierte eine erste Liste von etwa 80 Quasaren und BL Lac Objekten. Will man darüber hinaus ein gewisses Reservoire an schwächeren Objekten (begründet durch eine Verbesserung der Beobachtungsbedingungen), so steigt die Zahl - bei einer Grenzgröße von 16.5 - auf über 200! Das Resultat ist der "Katalog heller Quasare und BL Lacertae Objekte" (KHQ), dessen Konzept und Definition im Folgenden genauer erläutert werden soll.

 

2. Konzept und Definition des Katalogs

Der Katalog enthält alle bekannten Quasare und BL Lac Objekte bis 16.5m (bei Variabilität: im Maximum) nördlich von -20° Deklination. Die Rotverschiebung z ist größer als 0.040. Dies vor allem, um eine gewisse Abgrenzung zu den - bis auf die geringere Leuchtkraft quasarähnlichen Seyfert-Galaxien vom Typ 1 zu erreichen. Trotzdem ist der Katalog nicht frei von Überlappung mit Katalogen von Seyfert-Galaxien. Daher, die durch eine absolute Helligkeit kleiner als M = -22.5 definierte Gruppe der "low luminosity" Quasare.

Der Katalog enthält 222 Objekte:

Quasare Q 155
Quasare hoher Leuchtkraft HLQ 12
Quasare geringer Leuchtkraft LLQ 29
Gravitationslinsen DQ, TQ 2
BL Lacertae Objekte BL 24

Die Quellen sind im Wesentlichen:

Bei bekanntem z wurde die Entfernung und die absolute Helligkeit berechnet, wobei der Begriff "Entfernung" bei großer Rotverschiebung eine Frage der Definition ist. Viele Objekte sind variabel, wobei allerdings (was für die Helligkeitsangaben ganz allgemein gilt) exakte Messungen nur in wenigen Fällen vorliegen. Die z-Werte sind dagegen bis auf wenige Ausnahmen präzise. Bei BL Lac Objekten ist wegen der fehlenden Emissionslinien im Spektrum eine Messung der Rotverschiebung nur in wenigen Fällen gelungen.

Im Fall des Doppelquasars 0957+561 (Nr. 56) und des Dreifachquasars PG 1115+080 (Nr. 81) sind die Spektren der jeweiligen Komponenten nahezu identisch, was zur Interpretation als Gravitationslinse geführt hat. Obwohl die Komponenten einzeln zu schwach wären, ergeben sich doch in beiden Fällen Gesamthelligkeiten von etwa 16. Größe, so daß eine Aufnahme in den Katalog gerechtfertigt ist. In der Tat wurden beide Systeme bereits beobachtet!

 

3. Beobachtungshinweise

Die folgenden Punkte sind (abgesehen vom Wetter!) für die Quasarbeobachtung wichtig:

a) das richtige Instrument

Um in den Bereich der 16. Größe vorzustoßen, benötigt man ein Instrument von mindestens 30-40cm Öffnung. Da die Objekte punktförmig sind, ist eine genügend große Brennweite angebracht. Das Feld muß mit einer mittleren bis hohen Vergrößerung betrachtet werden. Damit das Gesichtsfeld nicht zu klein wird, ist ein Weitwinkel-Okular zu empfehlen. Vor allem sollte auf unnötiges Zubehör (wie etwa ein Zenitprisma) verzichtet werden. Beispiel aus der eigenen Praxis: 14" Schmidt-Cassegrain mit 4000mm Brennweite, 15mm W-Okular mit etwa 10' Gesichtsfeld bei 266-facher Vergrößerung. Es empfiehlt sich u.U. ein Blaufilter, da die bei Quasaren starke Liman-a-Linie aus dem UV ins blaue verschoben ist.

b) die richtige Methode beim Aufsuchen

Das Objekt sollte in 3 Schritten aufgesucht werden (das Aufsuchen mit Teilkreisen ist zu ungenau): Sternbildkarte Sternatlas, z.B. Uranometria oder PC-Programm, Aufsuchkarte (siehe gedruckte Version des KHQ). Die Sternbildkarte dient der ersten groben Orientierung und der Auswahl der Beobachtungsobjekte (nach Jahres- oder Nachtzeit). Danach wird der Kartenausschnitt in einem Atlas (mit Hilfe der angegebenen 2000.0-Koordinaten). Damit ist die Ausrichtung des Suchers klar, mit dem man sich nun zu einem genügend hellen Bezugsstern in der Umgebung des Quasar-Feldes vortastet. Anhand der Karte im Sternatlas orientiert man sich im Hauptrohr weiter, bis das Quasar-Feld identifiziert ist (anhand von "hellen" Sternen in diesem Feld). Mit Hilfe der Aufsuchkarte läßt sich die Quasarposition dann festlegen.

c) die richtige Beobachtung

Sehr schwache Quasare sind meist nicht direkt sichtbar, sie "blinken", d.h. tauchen in der Wahrnehmung auf und verschwinden wieder (abhängig vom "seeing"). Dagegen kann man hellere Quasare deutlich fixieren, also direkt "ansehen". Es sollte stets zu zweit beobachtet werden, denn allein kann man sich täuschen oder etwas "einbilden". Eine genaue Beschreibung der Konstellation im Gesichtsfeld hilft diese Fehler zu vermeiden, denn es kann vorkommen, daß jeder seinen eigenen Quasar sieht! Solange keine Übereinstimmung untereinander und mit der Aufsuchkarte erzielt ist, sollte keine Beobachtung als Erfolg verbucht werden. Zumal das Auge eine geraume Zeit zur vollständigen Adaption benötigt, nachdem man den letzten (beleuchteten) Blick auf die Aufsuchkarte hinter sich hat. Ist der Quasar erfolgreich beobachtet, was bei etwas Routine (mit allen notwendigen Schritten) kaum mehr als 10 Minuten dauert - schwierige Fälle ausgenommen! - so lädt das Feld zur Beobachtung weiterer Objekte ein. Nach dem Motto "Wann kommt man schon mal wieder in diese Gegend".

 

Beispiel aus dem Abbildungsteil (gedruckte Version): KHQ 1 = PHL 658