Galaxien bei hellen Sternen

Wolfgang Steinicke


Nein, es geht hier nicht um die Zwerggalaxie Leo I bei Regulus. Das ist was für fortgeschrittene visuelle Beobachter. Es gibt aber auch Fälle, bei denen richtig helle Galaxien nahe bei hellen Sternen stehen. Was heißt hier „hell"? Betrachten wir das Paradebeispiel: Die runde S0-Galaxie NGC 404 bei Mirach (Beta And). Wegen der großen Nähe - die Galaxie steht nur 6,6' nordwestlich des Sterns - wird sie auch als „Mirach's ghost" bezeichnet. Sie hat eine visuelle Helligkeit von V=10.3mag bei einem Durchmesser von 3.5'. Das wäre eigentlich sogar für 4" kein Problem, aber Mirach hält mit V=2.1mag kräftig dagegen! Also doch eine Herausforderung. Man kann ihr aber mit List und Tücke begegnen, etwa indem man mit hoher Vergrößerung und kleinem Gesichtsfeld den Störenfried aus dem Feld jagt.

Hier kam mir die Idee eines kleinen Beobachtungsprogramms im Rahmen der Fachgruppe Deep-Sky. Bereits auf dem ITV2001 habe ich darüber in einem Vortrag berichtet. Die interessanten Aspekte sind schnell aufgezählt: Die Objekte sind leicht zu finden (der helle Stern ist Anfangs- und auch gleich Endpunkt des „starhoppings"!). Die Sichtung bietet eine gewisse technische Herausforderung (Galaxie wird überblendet) und schließlich ergibt sich eine interessante Kombination von „nah und fern" bzw. „hell und schwach". Damit das Ganze nicht zu schwierig wird, und auch was für Einsteiger mit kleiner bis mittlerer Teleskopgröße ist, müssen geeignete Spezifikationen gefunden werden:

Jetzt die entscheidende Frage: Gibt es (außer NGC 404) überhaupt weitere Beispiele oder wird die Liste gar zu lang? Antwort: Es gibt eine überschaubare Zahl von 10 Fällen (siehe Tab. 1)!



Tab. 1 - Liste der 10 Fälle geordnet nach Abstand (PW = Positionswinkel, V = visuelle Helligkeit, Ura = Karte in der Uranometria).

Objekt Abstand PW V Typ Ura Bemerkungen
31 Leo

NGC 3130



4.3'


115°
4.4

13.4

K4

S0-a

189 Mehrfachstern
Beta Ari

NGC 722



4.7'


160°
2.6

13.3

A5

S

128 Sheratan

in Per-Psc-Supercluster

Beta And

NGC 404



6.6'


330°
2.1

10.3

M0

S0pec

91 Mirach

Mirach's ghost

Lambda Hya

NGC 3145



7.8'


230°
3.6

11.7

K0

SBb-c

279
Eta Peg

NGC 7357



8.3'


250°
2.9

14.0

G2

Sb

123 Matar
Ny Eri

NGC 1618

NGC 1622

NGC 1625



13.2'

10.9'

12.5'



345°

23°

75°

3.9

12.7

12.5

12.3

B2

SBb

SBa-b

SBb

224



Beta UMa

NGC 3499



14.8'


125°
2.4

13.6

A1

S0-a

49 Merak
Theta Boo

NGC 5624



20.8'


140°
4.1

13.1

F7

S

49
Alpha Aqr

NGC 7198



21.4'


20°
3.0

13.3

G2

S0

256



32 Aqr (5.3mag) in 17.1', 205°
Phi Dra

NGC 6651



23.5'


225°
4.2

13.1

A0

Sb-c

30


Jeder, der sich an der Beobachtung beteiligen will, ist herzlich eingeladen. Man kann die Objekte beschreiben oder auch zeichnen. Für die Beschreibung gibt es Hinweise in der „Einführung in die visuelle Deep-Sky Beobachtung" der FG Deep-Sky (siehe www.fachgruppe-deepsky.de). Insbesondere sollten man auf die Schwierigkeit der Beobachtung, wie passende Vergrößerung, Gesichtsfeld, Tricks (Stern aus dem Feld verbannen) oder Adaption eingehen. Für CCD'ler wäre natürlich auch eine Aufnahme interessant - ist aber nicht unproblematisch!

Hier noch einige interessante Fälle und Ergänzungen. Das engste Paar ist 31 Leo und NGC 3130 (Abb. 1). Eine Dreiergruppe gibt es mit NGC 1618, NGC 1622, NGC 1625 (KDG 43) bei Ny Eri zu sehen (Abb. 2).

Abb. 1 - NGC 3130 bei 31 Leonis (Aufnahme DSS).


Abb. 2 - Die Galaxiengruppe KDG 43 bei Ny Eridani (Zeichnung des Autors am C-14).


Berücksichtigt man auch schwächere Galaxien oder anderen Objektklassen, so findet man weitere schöne Beispiele für „Begegnungen" mit hellen Sternen! So ist eine meines Lieblingsobjekte die IC 2199-Gruppe nur 30' südwestlich von Castor (nicht in der Uranometria enthalten). Am 29.11.84 konnte ich 4 Galaxien im C-14 sehen. Geht man zu anderen Objektklassen, so findet sich z.B. den Kugelhaufen NGC 6366 nahe SAO 14665 (V=4.5mag) im Ophiuchus. Der recht aufgelöste Haufen (Klasse XI) hat eine Helligkeit von V=8.9mag und steht 16.4' östlich des SAO-Sterns (s. Uranomteria S. 248). Es gibt auch eine schöne Kombinationen bei Planetarischen Nebeln, z.B. Sa 2-21 in 4.4' von 16 Pup, also recht weit südlich. Der PN hat eine Helligkeit von V=12.5mag (Zentralstern V=8.8mag, Durchmesser 40") und der Stern V=4.4mag.

Ich hoffe, dass ich einige Anregungen zur Beobachtungen geben konnte. Auf Ergebnisse bin ich gespannt. Vielleicht gibt es dann eine Fortsetzung dieses Artikels.